INTERVIEW MIT ARMIN TEMENT
Artikel vom 04.08.2025
STARTEN WIR MIT EINER GEMEINEN FRAGE: BIO UND KÖSTLICH - GEHT DAS BEIM WEIN ZUSAMMEN?
Das ist wirklich ein bisschen gemein (lacht). Ein Biowein kann köstlich sein und ein konventionell hergestellter grauslig - und andersherum. Eine Traube aus nachhaltigem Anbau allein macht noch keinen guten Wein. Wichtig sind auch Faktoren wie perfekter Reifegrad und natürlich die handwerklichen Aspekte der Herstellung. Und, was auch eine Rolle spielt: Der Geschmack der Menschen. Der verändert sich stetig - und oft viel stärker, als wir bewusst wahrnehmen.
WOLLEN SIE DAMIT SAGEN, DASS SICH UNSER GESCHMACKSSINN VERÄNDERT, NICHT DER WEIN?
Ein bisschen vielleicht (schmunzelt). Natürlich gab es im nachhaltigen Weinanbau viele Entwicklungen über die letzten Jahre. Auch wir arbeiten kontinuierlich daran, unser Handwerk zu perfektionieren. Aber ja, auch die Wahrnehmung dessen, was gut schmeckt, ändert sich. Nehmen Sie Pflanzenmilch als Beispiel. Früher haben die meisten da die Nase gerümpft - heute sind sie fast schon verschnupft, wenn man ihnen Kuhmilch anbietet.
WARUM HABEN SIE SICH FÜR EINEN NACHHALTIGEN ANBAU ENTSCHIEDEN?
Streng genommen haben wir uns gar nicht entschieden. Wir sind ein Familienunternehmen in dritter Generation - und haben einfach schon immer so gearbeitet. Der nachhaltige Anbau ist ja die ursprüngliche Form der Landwirtschaft, von der wir Menschen kommen. Was wir dann schon bewusst entschieden haben, ist die kontinuierliche Verbesserung unseres Ansatzes - und auch Zertifizierung durch Demeter. Die Richtlinien zum biodynamischen Anbau sind hier sehr streng. Aber wir können uns als Betrieb zu 100% damit identifizieren.
BIODYNAMISCH - WAS BEDEUTET DAS GENAU?
Im Gegensatz zur ökologischen Landwirtschaft, die etwa auf Pestizide verzichtet, hat der biodynamische Gedanke das Ziel, einen ganzheitlichen Kreislauf herzustellen, der möglichst ressourcen-, klima- und umweltschonend ist. Dazu gehören auch Aspekte, die weniger offensichtlich sind, etwa die soziale Nachhaltigkeit. Wie bieten wir zum Beispiel unseren Mitarbeitenden Sicherheit, obwohl wir allein mit dem Faktor Klima jedes Jahr alles auf eine Karte setzen.
WIESO SIND SIE BEREIT, EIN SO HOHES RISIKO ZU TRAGEN?
Jeder einzelne und erst recht jedes Unternehmen muss heute eine wahnsinnige Verantwortung übernehmen. Viel mehr als früher. Am Ende ist es allein eine Frage der Haltung: Was kann und will ich leisten? Wir sind so überzeugt von einem nachhaltigen Ansatz, dass ein anderer Weg für uns gar keine Option wäre.
... UND NOCH EIN PAAR FRAGEN
WELCHEN IHRER EIGENEN WEINE TRINKEN SIE AM LIEBSTEN?
Tatsächlich den Kalk und Kreide Sauvignon Blanc. Der Wein spiegelt geschmacklich am besten die Handschrift unserer Familie wider.
MACHEN SIE AUCH UNVERNÜNFTIGE DINGE IN IHREM BETRIEB?
Unbedingt (lacht). Wir experimentieren viel. Und bringen zum Beispiel bald gegen den allgemeinen Trend einen Rotwein heraus. Einen Cabernet Franc, um genau zu sein.
ÜBER ARMIN TEMENT
Das steirische Weingut Tement gehört seit 1959 zu den am meisten ausgezeichneten und am strengsten zertifizierten in Österreich. Armin Tement führt den Betrieb heute – zusammen mit seinem Cousin Manfred, seinem Bruder Stefan und 50 Mitarbeitenden – in dritter Generation fort. Gesunde Lebensmittel und hervorragender Geschmack gehören für ihn nicht zum Job. Sie sind seine Lebenshaltung.
„Die Familien Lucian und Tement sind schon seit 70 Jahren eng verbunden. Die Burg hat seit jeher einen sehr hohen Anspruch an beste Lebensmittel und Weine – deshalb passen wir so gut zusammen.“